Ein Schweizer spaziert auf Kuba den Strand entlang – in Badehosen, wie das in solchen Gefilden nicht unüblich ist. Er trägt einen Rucksack, auf den es Diebe
abgesehen haben. Sie fallen den Schweizer von hinten an, drücken ihn zu Boden, entreissen ihm den Rucksack und machen sich von dannen.
In dem Rucksack befand sich unter anderem ein Smartphone. Das Überfallopfer möchte es ersetzt haben; schliesslich handelt es sich um einen Entreissdiebstahl, und
gegen den war der Mann versichert. Doch die Versicherung in der Schweiz will das Handy nicht vergüten – wertvolle Gegenstände seien auf dem Körper zu tragen. Dies insbesondere in Ländern, für die
das Aussendepartement vor Diebstählen gewarnt habe.
Liebe Leser, wo würden Sie das Smartphone verstecken, wenn Sie in Badehosen unterwegs sind? Das hat sich wohl auch Martin Lorenzon gefragt. Er ist Ombudsmann der
Privatversicherungen und der Suva. An ihn gelangte das Überfallopfer, nachdem seine Versicherung die Vergütung verweigerte. Befremdend fand der Versicherte vor allem das Argument, er habe nicht
die erforderliche Sorgfalt an den Tag gelegt.
Der Ombudsmann intervenierte beim Versicherer und machte geltend, dass der Mann am Strand aus verständlichen Gründen nur mit der Badehose bekleidet war. Aus diesem
Grund sei das Handy im Rucksack verstaut gewesen, wodurch auch verhindert worden sei, dass es Dieben in die Augen fällt.
Im Übrigen findet Lorenzon, dass es in der heutigen Zeit durchaus richtig sei, das Handy auch am Strand bei sich zu haben, zumal es im Hotel kaum sicherer
aufbewahrt worden wäre. Die Versicherung lenkte ein und zahlte den Schaden. Vermutlich war dort zuvor ein Sachbearbeiter oder eine Sachbearbeiterin mit wenig Erfahrung am Werk.
Gewiss, Versicherer sind bekannt dafür, einfach mal die Schadenzahlung abzulehnen und damit Geld zu sparen. Das tun sie aber nicht unbedingt bei
Entreissdiebstählen, bei denen es um ein paar Hundert Franken geht. Das tun sie eher bei Personenschäden, wenn Tausende oder Hunderttausende von Franken auf dem Spiel stehen.
Bei Unfällen kommt es häufig vor, dass Versicherer behaupten, das Ereignis sei krankheits- und nicht unfallbedingt, sodass die Krankenkasse den Schaden zu bezahlen
habe. Mitunter wird auch behauptet, der Körperschaden sei auf ein bestehendes Leiden zurückzuführen, sodass nicht der Unfallversicherer, sondern die Krankenversicherung zahlungspflichtig
sei.
Martin Lorenzon bestätigt mir, dass die Versicherer insbesondere bei Krankentaggeld- oder Unfallpolicen im Verlauf der letzten Jahre eine härtere Gangart
eingeschlagen hätten. Für Kulanz bestehe da kein Spielraum mehr.
Die Versicherer streiten dies ab. Wem wollen wir nun glauben, der Versicherung oder dem Ombudsmann?
Erschienen im SonntagsBlick am 16. Juli 2017