Man mag darüber streiten, ob Bernerinnen und Berner langsamer sind als andere Schweizer. Zumindest was den Immobilienzyklus betrifft, scheinen Berner
tatsächlich den anderen Kantone hinterher zu hinken. Claudio Saputelli, Leiter Immobilien weltweit bei der UBS, sagte schon vor einem Jahr: «Bern hat noch Aufholpotenzial».
Und er sagte das auch gestern bei der Präsentation der aktuellen Immobilienstudie 2017. Wobei er sich diesmal vor allem auf die Stadt Bern und angrenzende Gemeinden bezieht.
Der Abschwung ist eingeleitet
«Insgesamt befindet sich der Immobilienmarkt der Schweiz in einem Abschwung», sagt Saputelli. Dabei denkt der Immobilienspezialist nicht
zwingend an sinkende Preise, sondern an geringere Preissteigerungen. «2017 erwarten wir in der Schweiz ein Nullwachstum der Preise von Eigentumswohnungen und einen geringfügigen
Preisanstieg bei Einfamilienhäusern», erklärte Saputelli gestern an einem Medienfrühstück in Zürich.
Die Unterschiede von Gemeinde zu Gemeinde sind jedoch erheblich. In der aktuellen Studie prognostiziert die Grossbank nicht bloss die
Preisentwicklung, sondern nimmt Chancen und Risiken im Preiszyklus unter die Lupe. Lokale Chancen und Risiken lassen sich anhand von drei Kriterien abschätzen:
- Ist Kaufen günstiger als Mieten?
- Sind Eigenheime noch tragbar?
- Ist der Bestand an leerstehenden Wohnungen tief?
«Werden alle drei Fragen in einer Gemeinde mit «ja» beantwortet, so sind die Chancen für eine Aufwertung intakt, respektive das Korrekturpotenzial im Falle
eines Abschwungs moderat», schreibt die UBS in ihrer Immobilienstudie. Von den untersuchten 2294 Gemeinden der Schweiz vermögen nur gerade 61 alle drei Kriterien zu erfüllen.
Davon 8 im Kanton Bern: Bern, Blumenstein, Ittigen, Köniz, Lyssach, Seftigen, Uttigen und Wohlen.
Kulminationspunkt erreicht
«Die Stadt Bern ist die bevölkerungsstärkste Gemeinde, die alle drei Chance-Risiko-Kriterien erfüllt» , konstatiert die UBS. Köniz folgt auf Rang
zwei. Denn in den anderen Wirtschaftszentren und bevölkerungsreichen Agglomerationen der Schweiz ist der Kulminationspunkt im Preiszyklus weitgehend überschritten
worden.
Von 2004 bis 2012 stiegen die Eigenheimpreise in den Wirschaftszentren teuerungsbereinigt um rund 50 Prozent. Hingegen in der Peripherie, das heisst
in Gemeinden mit einer Fahrzeit zwischen 30 und 45 Minuten zum nächsten grossen Wirtschaftszentrum, nahmen die Eigenheimpreise in der gleichen Zeitperiode «bloss» um 25 Prozent
zu.
Die Peripherie holt auf
Seit 2012 stiegen die Preise in den Wirtschaftszentren kaum noch, derweil die Gemeinden mit Fahrzeiten zu Zentren von mehr als 30 Minuten immer noch
deutliche Preissteigerungen verzeichneten. Die Preisunterschiede zwischen den Zentren und der Peripherie nehmen also ab. Ausnahmen bildeten die relativ günstigen Städte Bern, Basel und
St. Gallen. Dort stiegen in den letzten Jahren die Preise im Zentrum weiterhin stärker als in der Agglomeration.
Erschienen in der BZ am 20. Januar 2016