«Wir nehmen uns die Frechheit heraus, den Euro als Spaltpilz und nicht als Klammer der europäischen Idee zu betrachten.» Philipp Vorndran liess nie Zweifel aufkommen, dass er die Einheitswährung als ein zum Scheitern verurteiltes Projekt betrachtet.
Dennoch geht der Kapitalmarktstratege des deutschen Vermögensverwalters Flossbach von Storch nicht davon aus, dass der «Grexit» schon bald Tatsache sein wird, wie er gestern an einem Mediengespräch in Zürich erklärte. «Extend and pretend» heisse das Motto: Weitermachen und vortäuschen. Oder wie es der Publizist Beat Kappeler kürzlich in der «NZZ am Sonntag» formulierte: «Schiebe die Fälligkeiten hinaus, und tue, als ob.»
Was geht in den Köpfen deutscher Politiker vor? Sie müssten doch wissen, dass Griechenland nie aus eigener Kraft die Schulden auf ein bezahlbares Niveau senken kann. «Man muss wissen, wie
Politiker denken», so Vorndran, der von 1997 bis 2008 in den Diensten der Credit Suisse stand. Nicht Mario Draghi und nicht Angela Merkel werden das Schicksal Griechenlands besiegeln,
sondern der deutsche Wähler. Sobald die Stimmung in Deutschland kippe, werde Griechenland fallen gelassen. Was geschieht, falls Griechenland später mit der Einführung der Drachme zum
Erfolgsmodell wird? Die Akteure würden Wetten darüber abschliessen, wer der nächste faule Apfel sein wird.
Einer sei bereits aus dem Euro ausgestiegen, meint Vorndran: «Swexit» statt «Grexit». Mit der Aufhebung der Euromindestgrenze habe die Nationalbank die Bindung an den Euro aufgegeben. Der
Zeitpunkt sei eine Überraschung gewesen, aber nicht die Aufhebung an sich. Die SNB sei die grösste Gläubigerin von deutschen Bundesanleihen geworden. Ihr blieben nur zwei Möglichkeiten: die
Bindung an den Euro aufzugeben oder die Staatsanleihen in Aktien aus dem Euroraum zu tauschen.
Erschienen in der BZ am 20. März 2015