Heute vor elf Jahren enthüllte der «Blick» folgenden Skandal. Er erzählte von einer geschiedenen Frau aus einem Dorf nördlich von Bern. Bei der Scheidung vier Jahre zuvor erhielt sie bei der Teilung des Pensionskassenkapitals 300 000 Franken. Ihr Ex-Mann verdiente gutes Geld.
Nach der Scheidung hatte die Winterthur der teilzeitbeschäftigten Frau vorgerechnet, dass sie bei der Pensionierung mit einer Rente von jährlich 32417 Franken rechnen könne. Ein paar Jahre später dann der Hammer: Die Frau erhielt einen aktuellen Versicherungsausweis, wonach sie sich mit 21475 Franken begnügen müsse, 33 Prozent beziehungsweise 1000 Franken pro Monat weniger.
Was war geschehen? Die Versicherungsgesellschaften hatten damit angefangen, obligatorische und überobligatorische Guthaben mit unterschiedlichen Sätzen in Renten umzuwandeln: den
obligatorischen mit den damals gesetzlich vorgeschriebenen 7,2 Prozent, den überobligatorischen bloss mit lächerlichen 5,356 Prozent. Mit nicht zu überbietender Dreistigkeit stufte die Winterthur
die 300'000 Franken als überobligatorisch ein, was zu dieser drastischen Rentenkürzung führte und den Begriff «Rentenklau» rechtfertigte.
Logisch, dass nicht nur linke Politiker aufschrien. Mittlerweile sind Vorsorgeeinrichtungen dazu übergegangen, bei Scheidungen nicht das gesamte Guthaben in den überobligatorischen und damit
schlechter verzinsten Topf zu werfen. Doch eine gesetzliche Regelung fehlt. Deshalb ist nicht immer klar, wie weit freiwillige Einkäufe oder Kapitalien aus Scheidungen in den besser verzinsten
obligatorischen oder den schlechter verzinsten überobligatorischen Topf gelangen. Warum wiederhole ich diese Geschichte?
Bescheidenheit war noch nie meine Tugend.
Erschienen in der BZ am 17. März 2015