Das Geschäft mit Lebensversicherungen wird immer schwieriger. Deshalb mausert sich der klassische Lebensversicherer Swiss Life mehr und mehr zum Immobilienhändler. Laut CEO Ivo Furrer sprechen vier Gründe für diese Strategie.
Swiss Life ist nicht zu beneiden: Der klassische Lebensversicherer leidet unter den chronisch tiefen Zinsen. Zum einen werden Sparversicherungen für den Kunden wegen der tiefen Zinsen und der
damit einhergehenden dürftigen Garantien zunehmend uninteressant; zum andern sinken die Margen. Und damit ein Lebensversicherer die garantierten Leistungsversprechen auch zu erfüllen vermag, muss
er die Produkte mit viel Kapital unterlegen. Hinzu kommt, dass Swiss Life im Unterschied zu Konkurrenten wie Axa, Basler, Helvetia, Vaudoise oder Zürich nicht in der Sachversicherung tätig
ist.
Vor drei Jahren fällte die Geschäftsleitung des Konzernbereichs Schweiz den strategischen Entscheid, sich vom reinen Lebensversicherer zum Anbieter von umfassenden Vorsorge- und Finanzlösungen zu
entwickeln. Gemeint sind nicht nur verstärkte Verkaufsanstrengungen mit bankähnlichen Anlageprodukten, wie man das spontan annehmen würde. Gemeint ist auch der Aufbau eines
Immobilienmaklergeschäfts, genannt Swiss Life Immopulse.
Gesucht: Immo-Makler
Zu Beginn des letzten Jahres startete der Lebensversicherer mit dem eigenen Maklergeschäft. Mittlerweile sitzt in 31 von 40 Generalagenturen eine Immobilienspezialistin oder ein
Immobilienspezialist. Im laufenden Jahr hat Swiss Life über diesen Kanal rund 600 Mandate akquiriert und bereits 200 Wohnobjekte verkauft. Das dürfte bisher ein Honorarvolumen in der
Grössenordnung eines mittleren einstelligen Millionenbetrags abgeworfen haben.
Die Kombination Vorsorgeprodukte und Immobilien ist in dieser Art noch einzigartig. Und doch ist sie naheliegend: «Bei 40 Prozent der Leute, die eine Vorsorgeberatung wünschen, spielen auch
Immobilien eine Rolle», sagt Ivo Furrer, der CEO von Swiss Life Schweiz. Das kann das eigene Haus sein, dessen Hypothek abläuft. Das kann eine indirekte Amortisation via Pensionskasse sein. Das
kann der Wegzug, aber auch der Verkauf des Einfamilienhäuschens sein für den Umzug in eine kleinere Mietwohnung.
Grosses Know-how
Hinzu kommt, dass man dem Lebensversicherer das Immobiliengeschäft nicht zu erklären braucht: Die ehemalige Rentenanstalt mit Hauptsitz Zürich ist mit 70 000 Mietobjekten im Wert von 15,9
Milliarden Franken der grösste Immobilienbesitzer der Schweiz. Anfang August gab Swiss Life zudem bekannt, rückwirkend per 1. Januar 2014 Corpus Sireo, den führenden unabhängigen
Immobiliendienstleister Deutschlands, gekauft zu haben. Schliesslich besitzt der börsenkotierte Lebensversicherer die in der Immobilienbewirtschaftung tätige Livit Real Estate Management mit
insgesamt 440 Angestellten. Damit besitzt Swiss Life ein grosses Know-how im Immobilienbusiness, von dem Immopulse nur profitieren kann. «50 Prozent der Wertschöpfung finden in der Distribution
statt, also an der Schnittstelle zwischen dem Produzenten und dem Kunden», sagt Furrer. Deshalb ist der Ausflug ins Immobilienbusiness auch für den betriebseigenen Aussendienst interessant. Wegen
der eingangs genannten Schwierigkeiten als Folge der Zinsflaute können zusätzliche Honorareinnahmen nur willkommen sein.
Vier Gründe
Neben der Diversifikation in die weitergehende Vorsorgeberatung, dem Know-how-Transfer innerhalb der Gruppe sowie der Unterstützung des Aussendienstes bietet das Maklergeschäft laut Ivo Furrer
noch einen vierten Vorteil: Es muss im Unterschied zu den klassischen Lebensversicherungen nicht mit Kapital unterlegt werden. Dieser Punkt kann nicht hoch genug gewertet werden: Bereits mit
dem Kauf der Maklerorganisation AWD, die inzwischen in Swiss Life Select umbenannt wurde, generiert der Versicherungskonzern Gebühreneinnahmen. Das Gleiche geschieht mit der Livit Real Estate
Management. Und jetzt wird auch der betriebseigene Aussendienst mit dem Immobilienhandel vermehrt Gebühren erwirtschaften, ohne dass dazu Kapital gebunden und Risiken gefahren werden müssen. Ivo
Furrer: «Das Maklergeschäft ist ein Geschäft, das unsere Bilanz schont und mit dem wir Gebühren und Kommissionen verdienen.»
Erschienen in der BZ am 10. November 2014