Tagesschau-Sprecherin Katja Stauber sagte letzten Mittwoch im Schweizer Fernsehen: «Marktmanipulationen - die Finanzmarktaufsicht Finma belegt den Ex-Chef der Bank Coop mit einem Berufsverbot». Und während sie das sagte, stand eingeblendet «Kursmanipulationen». Was jetzt? Marktmanipulationen oder Kursmanipulationen?
Liebe Kollegen vom Leutschenbach: den Unterschied noch nicht gecheckt? Um ehrlich zu sein: Ich sehe auch keinen faktischen Unterschied. Wer den Markt manipuliert, um den Aktienkurs zu
stützen, manipuliert auch den Kurs. Doch wenn es keinen faktischen Unterschied gibt, so gibt es einen juristischen: Bei der Marktmanipulation handelt es sich laut Finma-Sprecher Tobias Lux
«um eine schwere Verletzung von Aufsichtsrecht».
Kursmanipulation ist hingegen ein Straftatbestand. Gemäss Tobias Lux setzt Kursmanipulation eine persönliche Bereicherung voraus. Bei Andreas Waespi, dem Ex-Chef der Coop Bank, hätte dies nicht
nachgewiesen werden können.
Das führt mich zur Valiant Bank. Auch sie wurde vor zweieinhalb Jahren wegen Marktmanipulation gerügt. Langjährige Valiant-Aktionäre werden sich an dieses düstere Kapitel erinnen, falls sie es
nicht verdrängt haben. Jahrelang hatten die Verantwortlichen den Kurs der eigenen Namenaktien gegen den allgemeinen Markttrend hochgehalten. Der Aktienkurs stieg bis über 200 Franken, ehe er in
Raten auf 80 Franken abstürzte.
Aber war da nicht noch ein Optionsprogramm? Hatten nicht die Verantwortlichen mit diesen Optionen dank dem künstlich hochgehaltenen Aktienkurs üppig Kasse gemacht? Warum also bloss
Marktmanipulation und nicht Kursmanipulation? War keine persönliche Bereicherung im Spiel?
Und noch etwas: Andreas Waespi wurde mit einem dreijährigen Berufsverbot belegt. Den Job als CEO bei der Aargauer Kantonalbank kann er deshalb nicht antreten. Den Verantwortlichen der
Valiant Bank um Kurt Streit wurden — trotz Optionsprogramm — kein Berufsverbot auferlegt. Aufgrund dessen, was bekannt ist, wurde hier nicht mit gleichen Ellen gemessen.
Erschienen in der BZ am 4. November 2014