Alle Schadenversicherer profitieren davon, wenn die Mobiliar Hochwasserschutz finanziert. Dennoch sehen sie sich nicht als Trittbrettfahrer.
Über 20 Millionen Franken wird die Mobiliar für die Hochwasserschäden nach dem zurückliegenden Unwetter bezahlen müssen. Das ist die schlechte Nachricht. Die gute: Der Schaden wäre viel höher
ausgefallen, wenn in den letzten Jahren keine baulichen Präventionsmassnahmen getroffen worden wären. Bis 30 Millionen Franken hat die Mobiliar-Genossenschaft seit 2005 für Hochwasserschutz
bereitgestellt (Ausgabe vom 8. August 2014).
Für den führenden Elementarschadenversicherer mit Hauptsitz Bern lohnt sich das finanzielle Engagement. Aber auch die anderen Versicherer profitieren davon, wenn sich ihre Konkurrenz finanziell
dafür einsetzt, dass Bäche und Flüsse keine grösseren Schäden mehr verursachen. Um die Kinder beim Namen zu nennen: Allianz Suisse, Axa, Basler, Helvetia und Zürich ziehen Nutzen vom Einsatz der
Mobiliar. Sind sie alle Trittbrettfahrer? Die Basler Versicherungen unterstützen keine generellen Präventionsmassnahmen im öffentlichen Raum, bestätigt Sprecher Amos Winteler. Den Vorwurf des
Trittbrettfahrers weist er dennoch von der Hand. «Wir haben keine Hinweise darauf, dass der geschätzte Schaden von rund 3 Millionen Franken ohne Präventionsmassnahmen der Mobiliar höher
ausgefallen wäre.»
Helvetia: Schutzwälder
Stärkere Argumente hat Helvetia: «Wir finanzieren auch Schutzmassnahmen», sagt Sprecher Hansjörg Ryser. In den nächsten Tagen wird Helvetia ein Schutzwaldprojekt vorstellen, das siebte in der
Schweiz. Die Versicherung finanziert jeweils 10 000 Bäume für die Aufforstung von Schutzwaldgebieten durch lokale Forstbehörden. Im Mai 2012 wurde etwa in der Region Interlaken ein Projekt
umgesetzt. Das Engagement mit den Schutzwäldern hat Helvetia vor drei Jahren gestartet und seither 70 000 Bäume gepflanzt. Was das in Franken bedeutet, will Ryser nicht sagen. Rechnet man mit 20
Franken pro Baum, so dürfte die Summe um die 1,4 Millionen Franken betragen. Für die Helvetia ist klar, dass diese Schutzmassnahmen dazu beitragen, «dass die Hochwasser bis weit ins Flachland in
Grenzen gehalten werden können», meint Ryser.
Axa: Klimaforschung
Viel Geld gibt auch Axa-Winterthur aus. Freilich nicht für einzelne Projekte, sondern für Grundlagenforschung. Seit 2007 fördert der französische Weltkonzern weltweit Forschungsprojekte im
Bereich Umwelt- und Klimarisiken. Die finanzielle Bereitwilligkeit der Axa beträgt insgesamt 200 Millionen Euro, wovon bereits 5 Millionen in 16 Schweizer Forschungsprojekte flossen. So soll eine
Studie der Universität Bern Hochwasserereignisse besser nachvollziehbar machen und damit genauere Vorhersagen ermöglichen.
Allianz: Strassenverkehr
Allianz Suisse macht keine Prävention im Hochwasserschutz, dafür aber in anderen Geschäftsfeldern, auf die sich die ehemalige «Berner» stärker fokussiert, etwa im Strassenverkehr oder im
Kranken-Unfall-Bereich. «Dank der Einführung der Allianz Helpbox können Menschenleben gerettet werden», ist Hans-Peter Nehmer, Leiter Kommunikation, überzeugt.
SVV: Elementarschadenpool
Helvetia-Sprecher Hansjörg Ryser verweist zudem auf den Elementarschadenpool, an welchen elf private Versicherungsgesellschaften angeschlossen sind. Neben den Schäden, für welche die Helvetia
aufzukommen hat, wird der Versicherer wie andere auch noch einen namhaften Betrag in diesen Elementarschadenpool überweisen. Umgekehrt wird die Mobiliar, welche enorm hohe Schäden zu decken hat,
Geld von diesem Pool erhalten. Ein solcher Risikoausgleich ist auch deshalb nötig, weil die Elementarschadenversicherung schweizweit eine einheitliche Prämie aufweist.
Wäre es nicht sinnvoller, wenn der Schweizerische Versicherungsverband (SVV) im Namen und auf Rechnung seiner Mitglieder all die Vorkehrungen zur Prävention durchführen würde? «Wir führen auch
Präventionskampagnen durch. Derzeit zur Verkehrssicherheit», erklärt Michael Wiesner. Allerdings wäre es falsch, wenn sich nur der Verband statt die Mitglieder in der Prävention engagierten.
«Präventionsprojekte tragen zur Positionierung und Differenzierung bei», sagt Kommunikationschef Wiesner. Damit könnten sich die Versicherer in jenen Bereichen mit Aufklärungskampagnen und
Präventionsmassnahmen profilieren, in welchen sie besonders stark sind.
Erschienen in der BZ am 18. August 2014