Bergsteiger und Kletterer brauchen keine zusätzliche Unfallversicherung, obschon ihre Tätigkeit nicht ohne Gefahren ist. Der Grund: Klettern ist kein absolutes, nur ein relatives Wagnis.
Wer eine gefährliche Sportart oder ein waghalsiges Hobby betreibt, ist bei der obligatorischen Unfallversicherung nicht oder nur ungenügend versichert. Gefährliche Sportarten heissen in der
Fachwelt Wagnisse. Dazu zählen Motocrossrennen, wettkampfmässige Rollbrettabfahrten oder Speedflying.
Zumindest der Laie würde wohl auch Klettern in dieser Kategorie vermuten. Das ist freilich ein Irrtum: Wohl ist auch Klettern ein Wagnis, aber nur ein relatives. Die anderen genannten Aktivitäten
sind dagegen absolute Wagnisse. Der versicherungstechnische Unterschied: Wer bei einem absoluten Wagnis verunfallt, muss mit der Hälfte der von der Versicherungsgesellschaft geschuldeten
Geldleistung Vorlieb nehmen. Und bei besonders schweren Fällen wird man überhaupt nicht entschädigt.
Klettern ist versichert
Hingegen beim relativen Wagnis muss der Bergsteiger bei der obligatorischen Unfallversicherung nur dann mit einer Kürzung der Geldleistung um 50 Prozent rechnen, wenn er die üblichen Regeln oder
Vorsichtsgebote in schwerwiegender Weise missachtet. Wer also beim Bergsteigen nur mangelhaft ausgerüstet ist, muss mit einer Reduktion der Geldleistung rechnen. Das Gleiche gilt für Kletterer
mit fehlender Erfahrung. Auch Schneesportaktivitäten abseits markierter Pisten oder Gleitschirmfliegen bei sehr ungünstigen Windbedingungen sind relative Wagnisse mit den entsprechenden
finanziellen Konsequenzen.
Beispiele relativer Wagnisse
In der vierten Auflage des Fachbuches «Bundesgesetz über die Unfallversicherung, Rechtsprechung des Bundesgerichts zum Sozialversicherungsrecht» haben die Autoren Alexandra Rumo-Jungo und André
Pierre Holzer konkrete Beispiele aus der Praxis aufgeführt. Ein relatives Wagnis begeht, wer
Das geht so: Die UVG-Differenzdeckung wird dort zahlungspflichtig, wo die obligatorische Unfallversicherung die Leistung wegen Grobfahrlässigkeit kürzt. Laut Jürg Thalmann von der
Mobiliar wird die UVG-Differenzdeckung «eher selten» abgeschlossen. Ganz anders bei der Basler: Knapp die Hälfte der UVG-Kunden führt eine UVG-Ergänzungsversicherung. Und davon haben 80
Prozent die Differenzdeckung versichert, erklärt Firmensprecher Amos Winteler.
Die halbstaatliche Suva darf hingegen nach Gesetz keine Zusatzversicherungen anbieten. Die Mobiliar wie auch die Basler Versicherungen bestätigen jedoch, dass bei ihnen auch Suva-Betriebe die
UVG-Differenzdeckung abschliessen könnten.
Freilich hat dieser Risikoschutz einen Haken, wie so oft bei Versicherungen. Ein Arbeitnehmer kann diese UVG-Differenzdeckung nicht alleine abschliessen. Er ist auf den Goodwill seines
Arbeitgebers angewiesen.
Spottbillige Prämien
An der Prämie dürfte es jedoch nicht liegen. Die Mobiliar gibt ein Beispiel: Für einen Detailhändler in der Sportartikelbranche mit einer Lohnsumme von 200000 Franken beträgt die
Jahresprämie 46 Franken – pro Firma wohlverstanden, nicht pro Person.
Ein anderes Beispiel von der Basler: Bei einer Firma mit 10 Mitarbeitern, also einer Lohnsumme von rund 700000 Franken, liegt der Prämiensatz bei circa 0,2 Promille. Somit beläuft
sich die Jahresprämie für die Firma bei rund 140 Franken. Das könne je nach Betriebsart und dem damit zu versichernden Risiko auch mehr oder weniger sein.
Warum ist die Prämie für diese UVG-Differenzdeckung so günstig? Oliver Biefer von der Suva: «Es kommt eher selten vor, dass ein Unfallversicherer bei Bergsteigern die Leistungen wegen
Grobfahrlässigkeit kürzen muss.»
Erschienen in der BZ am 25. März 2014