Frage: Ich habe ziemlich stark in Aktien investiert. Jetzt, wo die Börsenkurse auf Rekordhöhe notieren, werde ich langsam nervös. Man sagt ja, der Anleger tendiere dazu, zu spät zu kaufen und zu früh zu verkaufen. Was würden Sie tun? Y. R., via E-Mail
Privatanleger haben in der Tat die schlechte Angewohnheit, zu spät zu kaufen. Das kann ich in meiner täglichen Arbeit beobachten. In den Jahren 2000 bis 2002, als die Aktienkurse im Keller
landeten, fragte mich kaum ein Leser, ob er Aktien kaufen sollte. Vielmehr wurde ich mit Fragen überhäuft, ob man die Aktien wirklich nicht verkaufen sollte. Erst als sich die Stimmung aufhellte
und die Aktien teurer wurden, erwachte das Interesse am Kauf von Aktien, bzw. Aktienfonds.
Den Umkehrschluss unterschreibe ich nicht, obschon man häufig lesen kann, Anleger würden sich zu früh von ihren Aktien trennen. Natürlich steigen die Kurse nach dem Verkauf häufig weiter. Doch
wann denn ist der richtige Zeitpunkt zum Verkaufen? Am Tag vor dem Bersten der Blase? Wiederholt treffe ich auf Leute, die frohlocken, wie sie das Geld noch vor dem Kurssturz sicherstellten.
Zahlreiche Pensionskassen- und Fondsmanager erzählten mir, wie sie noch vor dem Crash ihre Beteiligungen mit Rekordgewinnen abstiessen. Ich frage mich bloss: Warum stiegen denn die Kurse weiter,
wenn doch alle vorher verkauften? Punkto Anlagegeschick prahlen Männer wie bei Fragen zur Potenz: Sie übertreiben masslos.
Erschienen im BLICK am 29. November 2006