Arbeitgeber mit einer sozialen Ader gründen einen Wohlfahrtsfonds. So jedenfalls war es früher. Heute finden kaum mehr Gründungen statt, weil dem Arbeitgeber immer mehr Auflagen gemacht werden.
Zahlreiche Unternehmen führen neben der ordentlichen Pensionskasse auch noch einen Wohlfahrtsfonds, etwa patronale Stiftung oder Personalfürsorgestiftung genannt. Die Gründung solcher Einrichtungen erfolgte in manchen Fällen lange vor 1985, als das Bundesgesetz über die berufliche Vorsorge (BVG) in Kraft gesetzt und Pensionskassen für obligatorisch erklärt wurden. Patronale Fonds dienen verschiedenen, stets sozialpolitischen Zwecken:
Vorsorge für Härtefälle
«Patronale Stiftungen sind eine Motivation für den Arbeitgeber, für Härtefälle innerhalb seiner Belegschaft vorzusorgen», erklärt Andreas Gnädinger, Mitarbeiter bei Hubatka Müller Vetter
Rechtsanwälte in Zürich. Anders als die obligatorischen Vorsorgestiftungen wird das Kapital von patronalen Stiftungen allein vom Arbeitgeber geäufnet – und zwar freiwillig. Man nennt sie
auch «Vorsorgeeinrichtungen mit Ermessensleistungen». Sie kennen weder versicherbare Risiken noch irgendwelche Rechtsansprüche. Der Stiftungsrat entscheidet über die Verwendung der
Gelder.
1992 gab es noch über 5000 solcher Vorsorgeeinrichtungen mit Ermessensleistungen. Die Zahl schrumpfte bis im Jahr 2010 auf die Hälfte, exakt auf 2631. Aktuellere Zahlen gibt es nicht. Bekannt ist
lediglich, dass die Zahl weiter rückläufig ist und kaum neue Wohlfahrtsfonds mehr gegründet werden.
Immer neue Auflagen
Die Schwindsucht lässt sich mit der zunehmenden Regulierung erklären. So muss ein patronaler Fonds unter anderem:
Diese Vorgaben gelten für die obligatorische Stiftung der beruflichen Vorsorge — aber eben auch für die freiwillig von Arbeitgebern alimentierten Wohlfahrtsfonds.
Der Tessiner FDP-Nationalrat Fulvio Pelli, der nun auf Ende Jahr zurücktreten wird, hat deshalb vor gut zwei Jahren eine parlamentarische Initiative eingereicht. Er will, dass die Bestimmungen
des Gesetzes über die berufliche Vorsorge (BVG) und dessen Verordnung (BVV2) für Wohlstandsfonds nur beschränkt Anwendung finden. Die nationalrätliche Sozialkommission unterstützt Pelli.
Sie hat im vergangenen Juni den Vorentwurf für eine entsprechende Änderung des Schweizerischen Zivilgesetzbuches (ZGB) in die Vernehmlassung geschickt.
Judikative als Spielverderber
Auch wenn dereinst dem Anliegen von Fulvio Pelli entsprochen wird, ist das Problem noch nicht gelöst. Doch diesmal ist es weder die legislative noch die exekutive Behörde, die als Spielverderber
auftritt, sondern die judikative, namentlich das Bundesgericht. Es erklärte im August 2011, dass die Gelder des Wohlstandsfonds der AHV-Beitragspflicht unterstehen. Es ging um einen
Fall, in welchem eine Fürsorgestiftung der Pensionskasse Gelder überwies, um einer Mitarbeiterin das Deckungskapital zu erhöhen und einem pensionierten Mitarbeiter eine Kapitalauszahlung zu
leisten. Nach einer Kontrolle verfügte die Ausgleichskasse des Kantons Nidwalden die Nachzahlung von 87000 Franken inklusive Verzugszinsen.
«Der Bundesgerichtsentscheid stiess auf harsche Kritik, nicht zuletzt wegen seiner unverständlichen Kehrtwende der Rechtssprechung», schrieb Markus Moser, Geschäftsführer der Novartis
Pensionskassen , in der Fachpublikation «Schweizer Personalvorsorge». Zudem war die ganze Wohlfahrtsfondsproblematik auch Thema am kürzlich von der Bernischen BVG- und Stiftungsaufsicht
durchgeführten BVG-Seminar. Andreas Gnädinger, von Hubatka Müller Vetter: «Falls der Gesetzgeber keine Gegenmassnahmen trifft, werden Wohlfahrtsfonds verschwinden. Das wäre schade.»