Frage: Ein Versicherungsmakler hat mir empfohlen, eine Krankentaggeldversicherung abzuschliessen. Ich bin selbstständig erwerbend, und wenn ich länger krank würde, hätte ich kein Einkommen. Leider sind all meine Gesuche bei Versicherungen und Krankenkassen abgelehnt worden. Wo kann ich eine Krankentaggeldversicherung abschliessen? F. G. in M.
Antwort: Entweder Sie sind aus der Sicht des Versicherers bereits zu alt, oder Sie haben ein chronisches Leiden, oder Sie bilden für den Versicherer sonst ein besonderes Risiko. Tatsache ist,
dass die angefragten Lebens- und Krankenversicherer Ihnen keine Krankentaggeldversicherung anbieten wollen. Das ist moralisch verwerflich, hingegen ist es rechtlich in Ordnung. Laut
Versicherungsvertragsgesetz (VVG) haben die Versicherer das Recht, Gesuche ohne Angaben von Gründen abzulehnen. Es gibt kaum ein Gesetz, das die Vertragskontrahenten so ungleich behandelt: die
Pflichten dem Kunden und die Rechte dem Versicherer.
Krankenversicherer haben einen Aufnahmezwang
Sie schreiben, Sie hätten nicht nur einige Lebensversicherungs-, sondern auch Krankenversicherungsgesellschaften angefragt. Ohne die abgelehnten Gesuche gesehen zu haben, darf ich behaupten, dass
sich die Krankenversicherer allein auf Taggeldversicherungen gemäss VVG berufen. Es gibt jedoch auch Krankentaggeldversicherungen gemäss dem Krankenversicherungsgesetz (KVG). Und die
Krankenversicherer sind gesetzlich verpflichtet, auch KVG-Taggeldversicherungen anzubieten. Hier haben sie einen Aufnahmezwang: Die Krankenversicherer können zwar einen gesundheitlichen Vorbehalt
anbringen, doch sie dürfen die Versicherung nicht verweigern. Das hat man Ihnen verschwiegen. Denn laut KVG können die Versicherer nicht schalten und walten, wie sie wollen. Beispielsweise
entfällt der gesundheitliche Vorbehalt nach fünf Jahren.
Die Gesetzeslücke wird schamlos ausgenutzt
Leider hat der Gesetzgeber etwas vergessen: Er hat kein minimales Taggeld definiert. Diese Gesetzeslücke nutzen die Krankenversicherer schamlos aus: Sie beschränken das maximal zu versichernde
Taggeld auf ein paar wenige Franken. Die CSS treibt es besonders dreist: Sie limitiert das maximale Taggeld auf 6 Franken. Damit untergräbt sie den Willen des Gesetzgebers, dass jedermann die
Möglichkeit haben sollte, ein Krankentaggeld versichern zu können. Häufig wird das maximale Taggeld auf 30 Franken beschränkt, was das Problem auch nicht löst. Die Groupe Mutuel gibt an,
KVG-Taggelder bis 350 Franken zu versichern. Und dann gibt es glücklicherweise noch ein paar kleinere Kassen, die eine Krankentaggeldversicherung laut KVG anbieten, die diesen Namen auch
verdient.
Erschienen im CASH am 25. Januar 2007