Um die Jahrtausendwende war es Mode, den angestammten Firmennamen auszumustern und sich für teures Geld einen neuen Namen anzulegen: Stiener+Bienz wurde zu Adval Tech, Zschokke zu Implenia, Galactina zu Asklia, Oerlikon-Bührle zu Unaxis und der Flughafen Zürich zu Unique.
Wenn man weiss, wie teuer der Aufbau einer Marke zu stehen kommt, so lassen sich solche Übungen nicht immer erklären. Erst recht nicht, wenn kurze Zeit später wieder der alte Name Einzug hält: Heute heisst der Flughafen Zürich wieder Flughafen Zürich, und Oerlikon heisst wieder Oerlikon.
Gestern ist nun ein weiterer etablierter Firmenname vom Markt genommen worden: der Allgemeine Wirtschaftsdienst, besser bekannt unter AWD. Das deutsche Maklerunternehmen heisst jetzt offiziell Swiss Life Select, wie dies die Muttergesellschaft im November angekündigt hatte. Swiss Life kaufte AWD Ende 2007.
Ich bin erstaunt, dass dieser verschmutzte Namen nicht viel früher entsorgt wurde. Das Kürzel steht für Drückerkolonnen der ersten Stunde, bei welchen jungen Leuten ohne berufliche Perspektive in
einer Schnellbleiche erklärt wurde, wie man Freunden, Bekannten und Verwandten eine Lebensversicherung aufschwatzt. Das Vorgehen hinterliess Hunderte von übertölpelten und verärgerten Kunden.
Entsprechend heftig waren die Kritiken. Es hagelte negative Schlagzeilen.
Im Verlauf der Jahre hat sich der AWD geläutert. Seine Mitarbeiter sind gut ausgebildet und verkaufen eine breite Palette statt nur ein einziges Produkt.
«Ist der Ruf erst ruiniert, lebt es sich ganz ungeniert», sagte Wilhelm Busch. Auf den AWD lässt sich dieser Satz kaum übertragen. Trotz all der Anstrengungen behielt der Name AWD einen bitteren
Nachgeschmack. Die Mitarbeiter mussten beteuern, dass sie mit der Vergangenheit nichts zu tun haben. Das müssen sie ab jetzt nicht mehr. Heute müssen sie als Mitarbeiter von Swiss Life Select
höchstens beweisen, dass sie trotz der Zugehörigkeit zu einem Lebensversicherer unabhängig sind. Das ist freilich eine andere Geschichte.
Erschienen in der BZ am 9. April 2013