Frage: Es ist dringend nötig, meine Wohnung auf Vordermann zu bringen. Ich möchte daher 10000 Franken vorbeziehen. Sei es von der Pensionskasse oder vom Freizügigkeitskonto. Nun habe ich negativen Bescheid erhalten. Es darf doch nicht sein, dass nur Eigenheimbesitzer vorbeziehen dürfen. Was soll diese Benachteiligung der Mieter? A. B., Köniz BE
Das Guthaben bei der Pensionskasse sowie auf dem Freizügigkeitskonto ist für die Vorsorge gedacht. Das Geld kann nur für ganz bestimmte Zwecke vorbezogen werden - etwa für die Finanzierung von
selbst bewohntem Eigentum. Der Gesetzgeber stellte sich auf den Standpunkt, dass der Kauf eines Eigenheims einer gezielten Vorsorge gleichkommt. Im Alter könne das Eigenheim wieder verkauft
werden, um mit dem dadurch erzielten Erlös den Lebensabend zu finanzieren.
Bei Mietwohnungen ist das anders. Würden Sie 10000 Franken in Ihre Mietwohnung stecken, wäre das Geld für die Vorsorge verloren. Deshalb ist es nicht möglich, für das Aufmöbeln einer Mietwohnung
Gelder aus der 2. Säule vorzubeziehen.
Sie sprechen die Benachteiligung des Mieters an. Mieter und Hauseigentümer werden auf verschiedensten Ebenen unterschiedlich behandelt - auch auf der steuerlichen. Wer nun welche Vor- und
Nachteile hat, lasse ich hier offen. Tatsache ist aber, dass der Gesetzgeber das Wohneigentum fördern wollte. Im Bundesgesetz über die berufliche Vorsorge (BVG) ist denn auch ausdrücklich von
«Wohneigentumsförderung» die Rede. Ob es sinnvoll ist, mit Geldern, die für die persönliche Vorsorge bestimmt sind, das Wohneigentum zu fördern und damit letztlich die Bauindustrie zu
unterstützen, ist in der Tat fraglich.
Ich selber warne davor, das Eigenheim mit Geldern der beruflichen Vorsorge zu finanzieren. Erstens ist das Geld in den Vorsorgeeinrichtungen dank der steuerlichen Vorteile und trotz
anderslautender Unkenrufe gut und sicher angelegt. Zweitens versichert die Pensionskasse auch die Risiken Invalidität und Tod. Werden nun Gelder abgezwackt, verringern sich je nach
Pensionskassenreglement auch die IV- und Hinterlassenenrenten. Viele Leute sind sich dessen nicht bewusst.
Erschienen im BLICK am 11. November 2006